Irans „Weiße Revolution“ – Enqelâbe Šâho Mellat


In fast jeder iranischen Ortschaft erhob sich am Eingang aus Marmor in Pyramidenform, in der Mitte eines mit Blumen und Lichtergirlanden geschmückten Platzes, ein Monument. An den Steinplatten waren Zeilen von ungleicher Länge eingemeißelt, die mich in meiner Kindheit an ein Gedicht erinnert haben. Erst später sollte ich verstehen, dass es sich hierbei nicht um ein Gedicht handelte.

Es handelte sich um die Zwölf Punkte der „Weißen Revolution“ [انقلاب سفید] (Enqelâbe Sefid). Dem vorbei ziehenden sollten diese Punkte, als feierlicher Eid zwischen dem iranischen Volk und seinem Staatsoberhaupt Mohammad Rezâ Šâh Pahlavi [محمد رضا شاه پهلوی] ins Gedächtnis gerufen werden. Diese Zwölf Punkte waren als Ausgangspunkt einer neuen Ära zu verstehen, eine Umstrukturierung der iranischen Feudal-Gesellschaft, als notwendige Maßnahme für den Eintritt Irans in die „Moderne“. Anfangs handelte es sich um ein 6 Punkte Programm, das später erweitert wurde:

  • 1. Die Abschaffung des Feudalsystems und Verteilung des Ackerlandes von Großgrundbesitzern an Bauern
  • 2. Die Verstaatlichung aller Wälder und Weideflächen
  • 3. Die Privatisierung staatlicher Industrieunternehmen zur Finanzierung der Entschädigungszahlungen an die Großgrundbesitzer
  • 4. Die Gewinnbeteiligung für Arbeiter und Angestellte von Unternehmen
  • 5. Allgemeines aktives und passives Wahlrecht für Frauen
  • 6. Bekämpfung des Analphabetentums durch den Aufbau eines Hilfslehrerkorps

Schon 1963 hatte der Šâh fünf grundlegende soziale Rechte für alle Iraner in seiner Neujahrsansprache formuliert: Das Recht auf ein angemessenes Minimum an Ernährung, Kleidung, Wohnung, Bildung und Gesundheitsversorgung. Auf dem Nationalkongress der Bauern sagte der Šâh am 11. Januar 1963: „Der Verdienst eines Mannes muss in jedem Fall ausreichen die genannten Dinge für seine Familie zu sichern, ist das nicht der Fall, muss die Regierung oder karitative Einrichtungen oder beide einspringen und helfen.“

Dem Šâh war klar, dass er das Programm der „Weißen Revolution“ nur mit der Unterstützung der Bevölkerungsmehrheit gegen die Großgrundbesitzer aus der Familie und dem Umkreis der türkischen Qajaren und gegen die arabisch-islamischen Stiftungen der Geistlichkeit durchsetzen kann, die seit je her die entschiedensten Gegner einer Demokratisierung, Modernisierung und gerechten Verteilung der Reichtümer des Landes auf die iranische Bevölkerung waren. Vor der Volksabstimmung erklärte der Šâh: „Wenn ich mich entschlossen habe, über diese Reformen eine Volksabstimmung herbeizuführen, dann deshalb, weil ich verhindern will, dass unsere Bauern jemals wieder Leibeigene werden, dass die Bodenschätze unseres Landes dem Gewinnstreben einiger weniger zugute kommen, und dass die Bedeutung dieser revolutionären Veränderungen nicht mehr auf Betreiben einer Minderheit beeinträchtigt oder zerstört werden kann.“

Khomeini im iranischen Qom jedoch, sah in dem Programm, dessen Hauptpunkte aus einer Landreform, die Stärkung der Rechte der Frauen und einer Alphabetisierungskampagne bestand, einen Angriff auf den Islam. Obwohl Khomeini das Referendum über das Reformprogramm als ein gegen Gott gerichtetes Vorhaben brandmarkte und alle Gläubigen aufrief nicht an der Abstimmung teilzunehmen, sprachen sich am 26. Januar 1963 5.598.711 Iraner dafür und nur 4.115 dagegen aus. Während der šurâ-Feierlichkeiten hielt Khomeini am 03. Juni 1963 eine Rede in Qom und griff den Šâh und Israel scharf an: „Diese Regierung ist gegen den Islam gerichtet. Israel ist dagegen, dass in Iran die Gesetze des Qur’ans gelten. Israel ist gegen die erleuchtete Geistlichkeit … Israel benutzt seine Agenten in diesem Land, um den gegen Israel gerichteten Widerstand zu beseitigen … der Qur’an, die Geistlichkeit … Oh Mr. Šâh, oh erhabener Šâh, ich gebe Ihnen den guten Rat nachzugeben und (von diesen Reformen) abzulassen. Ich will keine Freudentänze der Bevölkerung sehen, an dem Tag, an dem Sie das Land auf Befehl Eurer Meister verlassen werden, so wie alle jubelten, als Ihr Vater das Land einst verlassen hat.“

Nach dieser Rede wurde Khomeini am 5. Juni 1963 verhaftet. Begleitet wurde seine Rede mit gewalttätigen Demonstrationen in Qom, Širâz, Mašhad und Tehrân, tausende von Demonstranten protestierten dabei gegen die Verhaftung Khomeinis. Zum ersten Mal herrschte seit den Zeiten von Mossadeq in Tehrân wieder der Ausnahmezustand. Es kam zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit dem iranischen Militär. Premierminister Asadollâh Alam gab die Zahl der Toten mit 20 an. Was für ein elender Lügner Khomeini damals schon war, sieht man einer Untersuchung nach der islamischen Revolution von Emad al-Din Baghi [Emâdoddin Bâqi], der angibt, dass bei diesen Demonstrationen 32 Menschen zu Tode gekommen seien, während Khomeini damals von 15.000 Toten sprach. Heute kann man die Proteste vom Juni 1963 als Geburtsstunde der islamischen Revolution sehen. Nach der Verhaftung Khomeinis war es der Chef des SAVAK [Sâzmâne Ettelâ’ât Va Amniyate Kešvar], Hasan Pâkravân, der dafür eintrat, dass Khomeini nach seiner Verhaftung im Zusammenhang mit den gewalttätigen Juni-Demonstrationen 1963 nicht exekutiert, sondern 1964 aus dem Gefängnis freigelassen und ins Exil in die Türkei geschickt und später in den Irak abgeschoben wurde. Hasan Pâkravân und Premierminister Hasan Ali Mansur erklärten dem Šâh, dass man der Geistlichkeit mehr Zeit geben müsse, sich an die Reformen der „Weißen Revolution“ zu gewöhnen, und dass es besser sei, Khomeini aus der Haft zu entlassen, statt mit der Exekution aus dem zum Tode Verurteilten einen Märtyrer zu machen. In der Haft gab Khomeini Hassan Pâkravân angeblich das Versprechen, sich in Zukunft aus der Politik herauszuhalten. Hasan Pâkravân, der Mann der Khomeini das Leben rettete, wurde 1979 von einem Revolutionsgericht unter Khomeini hingerichtet.

Die Verbrechen des Šâhs

James A. Bill bezifferte 1980 in seinem Buch The Iranian Revolution and the Changing Power Structure, die Gesamtzahl der Opfer der letzten 13 Monate vor dem Sturz des Šâhs mit über 20.000 Toten und mehr als 100.000 Verletzten. Nach der Islamischen Revolution wurde Emad al-Din Baghi von Khomeini persönlich beauftragt, die Familienangehörigen aller von 1941 bis 1979 vom Regime des Šâhs Getöteten ausfindig zu machen, um ihnen eine Entschädigung für das „ergangene Leid“ zahlen zu können. Emad al-Din Baghi war am Ende seiner Untersuchung schockiert, dass es nicht mehrere zehntausend Tote waren, sondern dass die Zahl der von 1941 bis 1979 getöteten Personen, wie er bei seinen Recherchen herausfand, nur 341 betragen hat. Davon waren 177 Personen bei gewalttätigen Demonstrationen zu Tode gekommen, 91 verhaftete Personen waren nach einem Gerichtsverfahren hingerichtet worden, nachdem ihnen Morde nachgewiesen werden konnten. 42 verhaftete Personen waren im Gefängnis gestorben, 7 Verhaftete hatten Selbstmord begangen und 9 Verhaftete waren bei dem Versuch, aus dem Gefängnis auszubrechen, erschossen worden. Das Schicksal von 15 Personen konnte nicht geklärt werden. Der Bericht von Emad al-Din Baghi konnte erst nach dem Tod Khomeinis im Jahr 2003 veröffentlicht werden, da er im krassen Widerspruch zu Khomeinis Behauptungen stand, der immer von Hunderttausenden von Toten gesprochen hatte. Die Anzahl der im Zeitraum von 1941 bis 1979 verhafteten politischen Gefangenen gab Emad al-Din Baghi mit 3164 an. Der überwiegende Teil waren Schwerstkriminelle, denen man Morde an iranischen Bürgerinnen und Bürgern nachweisen konnte.

Als Khomeini dann 1979 die Macht inne hatte sagte er in einer Rede:

„Sie sagten, sie wollten die Landwirtschaft reformieren. Sie sagten, die Bauern wollen wir zu Bauern machen. Bis jetzt waren sie Landarbeiter. Jetzt wollen wir, dass sie Eigentümer des Landes werden. Sie haben eine Landreform gemacht. Die Landreform hat nach all diesen Jahren nur ein Ergebnis gebracht, nämlich dass die Landwirtschaft vollständig ruiniert wurde. Die Äcker wurden vollständig zerstört. Und jetzt leiden sie Not an allem. Sie sind abhängig vom Ausland. Mohammad Rezâ hat es gemacht, um einen Markt für Amerika zu schaffen. Dass wir in Abhängigkeit von Amerika bleiben, Weizen und Reis aus Amerika importieren, und Eier aus Israel, der Kolonie von Amerika, importieren. Was dieser gemacht hat unter dem Namen einer Reform, war schlecht. Die Landreform hat einen Schaden für unser Land verursacht, den wir in den nächsten zwanzig Jahren nicht beheben können. Nur wenn die ganze Nation Hand in Hand arbeitet und Jahre vorbeigehen, werden diese Schäden behoben werden“

Bis 1991 sind nach dem Sturz des Šâhs die Weizenimporte von 1,2 Mio. Tonnen (1977) auf 5,3 Mio. Tonnen gestiegen, während der Verbrauch von 5,9 Mio. Tonnen auf 10,6 Mio. Tonnen gestiegen war. Die Inländische Weizenproduktion in 1990, die auch ein Indikator für die Leistungsfähigkeit der landwirtschaftlichen Produktion ist, ist aber auf dem Wert von 1977 mit exakt 5,5 Mio. Tonnen, wie zur Zeit des Šâhs gleich geblieben. Mit anderen Worten: die Agrarpolitik der Islamischen Regierung unter Khomeini und danach, die ein Hauptthema der islamischen Regierungen war, hat die Ernährungssituation der iranischen Bevölkerung um ein Vielfaches verschlechtert. Zum Vergleich, auch Deutschland importierte im Jahre 2010 rund 1. Mio. Tonnen Weizen, um seinen Bedarf zu decken. Khomeinis Rede: Eine neue Lüge um eine alte Lüge zu rechtfertigen.

Die Landreform, der Anfang vom Ende eines großen Patrioten

In einem Land wie Iran, indem 1961 noch 75% der Bevölkerung in der Landwirtschaft arbeiteten musste also, um Verbesserungen in den Lebensbedingungen der Bevölkerung zu erzielen, auf dem Agrarsektor begonnen werden. Die Landreform war der tragende Pfeiler einer friedlichen Revolution. Um diese Situation zu verändern, mussten die Eigentumsverhältnisse im Bereich des Grundbesitzes verändert werden. Seit Jahrhunderten waren die iranischen Bauern Leibeigene gewesen. Die Großgrundbesitzer, die 70% des anbaufähigen iranischen Bodens besaßen, hatten den Bauern gegenüber eine gottähnliche Stellung, sie waren Richter, Henker und höchste Instanz für die Belange der auf ihrem Grund arbeitenden Bauern. Oft fehlte den Bauern das Allernötigste und Jahrhundertelang vegetierten sie unter der Ausbeutung der Großgrundbesitzer aus dem Umfeld der türkischen Qajaren und der arabischen Geistlichkeit in Form von religiösen Stiftungen dahin.

Sie konnten ihre Kinder nicht auf Schulen im Ausland schicken, ja nicht einmal auf Schulen im Inland. Sie wurden wie rechtlose Sklaven gehalten und ausgebeutet. Die Bauern befanden sich also im Zustand der Leibeigenschaft, sie waren persönlich abhängig vom Grundherrn und unfrei. Das bedeutete konkret für die Bauern und damit für die Mehrheit der iranischen Bevölkerung, dass sie an das zu bestellende Land gebunden waren und nicht das Recht hatten es zu verlassen, sie waren der Rechtsprechung des Grundherrn unterworfen und sie schuldeten den Grundherren Abgaben, sowohl in Form von Arbeitsleistungen auf dem direkt vom Grundherrn bestellten Land, als auch in Form von Naturalabgaben, die aus demjenigen Stück Land aufgebracht werden mussten, das sie selbst bewirtschafteten; das war die Ausgangssituation für 75% der iranischen Bevölkerung vor der Landreform, Iran zählte damals zu den ärmsten Ländern der Welt. 50% der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche Irans war vor der Bodenreform in der Hand von Großgrundbesitzern, 20% gehörte karitativen oder religiösen Stiftungen, 10% waren staatliches Eigentum oder Eigentum der Krone und nur 20% gehörte freien Bauern.

Bereits in den 1950er Jahren hatte der Šâh vom Besitz der Krone an 30.000 besitzlose Familien je rund 17 ha Land verteilt und ging damit mit gutem Beispiel voran. Vor Beginn der Landreform 1963 hatte man 18.000 Dörfer erfasst, deren Land unter den in dem Dorf wohnenden Bauern aufgeteilt werden sollte. Von diesem Programm sollten nun rund 3 Millionen iranische Familien profitieren. Der Šâh stieß schon Jahre vor der Umsetzung der Landreform auf erheblichen Widerstand der Geistlichkeit, der von Mossadeq und Baqâyi 1947 gegründeten und von Großbritannien finanzierten „Nationalen Front“ (Jebheye Melli) und der Großgrundbesitzer, die im Parlament ihre Sitze inne hatten. Sie hatten im Parlament das Gesetz zur Landreform so verwässert, dass trotz des verabschiedeten Gesetzes am 06. Juni 1960, es zunächst zu keiner wirklichen Landreform kam. Bei diesem heftigen Ringen zwischen dem Šâh und den alten arabischen und türkischen Ausbeutern, ging es um nicht weniger als um die dringend notwendige Verbesserung der Lebensbedingungen des iranischen Volkes.

Der Landwirtschaftsminister Hasan Arsanjâni überarbeitete dann das Gesetz, daraufhin wurde es nun trotz des Widerstandes umgesetzt. Die Großgrundbesitzer wurden nach einem System entschädigt, bei dem sie das Zehnfache ihrer jährlichen Durchschnittseinkünfte erhielten, das auf Grund ihrer Steuererklärungen errechnet wurde. Die Bauern mussten den Preis des Bodens in fünfzehn Jahren zurückerstatten. Wenn sich Landwirte zu Kooperativen zusammenschlossen, wurden ihnen vom Staat zusätzlich noch günstige Kredite gewährt. Durch diese Maßnahmen konnte bis 1970 eine Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion um ein drittel erreicht werden. Doch die unpatriotischen Machenschaften der Großgrundbesitzer, der militanten Kapitalisten und der Geistlichkeit hörten nicht auf, Premierminister Assadollâh Alam wurde zum Rücktritt gezwungen und der ihm folgende neue Premier Hasan Ali Mansor bezahlte seinen Einsatz für die Reformen mit seinem Leben. Am 22. Januar 1965 wurde er von Mohammad Boxârayi, ein Mitglied der Fedaijin-e Eslam [Fadâyiyâne Eslâm] mit drei Schüssen ermordet. Der spätere Staatspräsident der Islamischen Republik Ali Akbar Hâšemi Rafsanjâni soll an der Ermordung von Premierminister Hasan Ali Mansur am 22. Januar 1965 beteiligt gewesen sein.

Die Fortführung des Reformprogramms der „Weißen Revolution“

Doch Mohammad Rezâ Šâh Pahlavi führte unbeeindruckt sein Reformprogramm fort und ein enger Vertrauter Hasan Ali Mansurs wurde neuer Premierminister: Dr. Amir Abbâs Hoveydâ, der die nächsten 13 Jahre Premierminister bleiben und die „Weiße Revolution“ zu ihrem endgültigen Sieg führen sollte. Innerhalb dieser 13 Jahre wurde das Reformprogramm um folgende Punkte erweitert:

■Unentgeltliche medizinische Betreuung
■Gründung genossenschaftlicher Kooperativen in der Landwirtschaft
■Einrichtung von Schiedsgerichten
■Verstaatlichung von Flüssen und Seen
■Wiederaufbauprogramm für Städte und ländliche Gebiete
■Reorganisation der staatlichen Verwaltung
■Dezentralisierung des Bildungswesens
■Mitarbeiterbeteiligung an staatlichen Unternehmen
■Staatliche Preisüberwachung
■Kostenlose Nahrungsergänzungsmittel für schwangere Frauen und Kleinkinder bis zum 3. Lebensjahr
■Kostenlose Ausbildung und kostenlose Schulspeisung für alle Kinder vom Kindergarten bis zur 6. Klasse (Primärstufe)
■Einführung eines landesweiten Sozialhilfesystems
■Preiskontrolle für Grundstücke
■Veröffentlichung der Einkommen hoher Regierungsbeamter und deren Frauen und Kinder

Innerhalb dieses Reformprogrammes bekämpfte seit 1963 die Armee des Wissens (Sepâhe Daneš) in den ländlichen Gebieten erfolgreich den Analphabetismus, die Gesundheitsarmee (Sepâhe Behdašt) verbesserte seit 1964 die Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum und die Armee für Wiederaufbau und Verschönerung (Sepâhe Tarvij va Âbâdâni) half seit 1965 bei der Modernisierung der Landwirtschaft und dem Bau von Schulen und öffentlichen Bädern, um die Lebensqualität in den Dörfern zu steigern. Studenten im Bereich des Landbaus und der Tierzucht mussten ihren Wehrdienst in dieser Armee ableisten, um Bauern und Landwirte über moderne Methoden der Landwirtschaft und der Tierzucht zu informieren. Zuletzt hatte der Šâh auch begonnen politische Reformen durchzusetzen. Die Demokratisierung in der Wirtschaft sollte nur der Anfang sein. Dâriyuš Homâyun der Informationsminister des Premierministers Âmzugâr, erklärte: „Niemand soll sich davor fürchten, die Regierung zu kritisieren.“ 1978 kündigte der Šâh freie Wahlen an. Dieses Reformprogramm, das einzigartig in der Welt war, schuf seit 14 Jahrhunderten zum ersten Mal in der iranischen Gesellschaft eine Mittelschicht.

Verlasse uns nicht, Licht der Arier

Am 16. Januar 1979 verließ dann der Šâh mit einer Hand voll Erde das Land. Der Soldat im Bild ahnte wohl welche Tragödie das iranische Volk erwarten wird und bat den Šâh bei seiner Abreise unter Tränen auf den Knien: „Verlasse uns nicht, Licht der Arier“. Am Ende dieses Artikels darf man fragen, wie es bei den Erfolgen dieses Reformprogramms dazu kommen konnte, dass eine Revolution so breite Unterstützung aus der iranischen Bevölkerung erhielt? Die Antwort ist einfach: Die gesamte Welt und ihre Medien brandmarkte einen Mann der autokratisch regiert hatte und Iran innerhalb weniger Jahrzehnte aus dem Mittelalter ins 20. Jahrhundert katapultierte, gemeinschaftlich als brutalen Diktator. Die Lügen, die man über ihn in einer beispiellosen Medienkampagne verbreitet hatte, einer vom anderen abgeschrieben und so lange wiederholt, bis der letzte in der Welt überzeugt war, dass der Šâh ein brutaler Diktator war. Sie alle hatten sich vereint, die Ölkartelle, die Linken im Iran und im Rest der Welt, die ewigen übersatten Weltverbesserer, die ehemalige Herrschaftselite der türkischen Qajaren und die arabische Geistlichkeit, um den neuen iranischen Staat und sein Staatsoberhaupt zu vernichten.

Khomeini versprach den Menschen kostenloses Wohnen, kostenlosen Strom, einen islamischen Wohlfahrtsstaat etc. – nicht eines dieser Versprechen hatte er eingehalten. Noch heute, 33 Jahre nach dem Sturz des Šâhs, verurteilt man Šâh Rezâ und Mohammad Rezâ Šâh Pahlavi immer noch als Diktatoren und Marionetten des Westens, dass ein Laie direkt auf die Idee kommen muss, dass vor der Machtergreifung Rezâ Xâns in Iran totale Freiheit, Ordnung und Wohlstand geherrscht haben müssen, obwohl zuvor die Unfähigkeit, Diktatur, Antiiranismus, hinterwäldlerisches und verräterisches Verhalten der türkischen Qajaren mit ihrer Politik der Kapitulations- und Konzessionsrechte dermaßen die Oberhand gewonnen hatte, dass die Briten sich nicht einmal mehr die Mühe machten Iran zu ihrer Kolonie zu machen. Und wer über Iran herrschen will, muss nicht nur Muslim sein, sondern er muss Antiiraner zugleich sein, das hat die iranische Geschichte wiederholt bewiesen: Ya’qub Leys, Nâder Šâh, Karim Xân Zand, Šâh Rezâ und Mohammad Rezâ Šâh Pahlavi sind nur einige Beispiele. Die Landreform, die Stärkung der Frauenrechte und der Kampf des Šâhs gegen die internationalen Ölkartelle um einen angemessenen Rohölpreis hatten das Ende der Pahlavidynastie besiegelt.

Aber er, genau wie all die anderen iranischen Patrioten, die im Interesse Irans und des iranischen Volkes gehandelt hatten, kam nie in den Genuss der Unterstützung der Iraner seiner Zeit, das ist ein iranisches Phänomen. Zur Zeit der Revolution, bis heute, höre und lese ich immer wieder, der Šâh habe gestohlen: gemeint war damit nichts anderes als die Landreform und die damit verbundene Rückführung des von den türkischen Qajaren und den arabischen Geistlichen einst vom iranischen Volk gestohlenen Bodens. Das ist auch der Grund warum heute die Nachkommen der arabischen Muslime und der türkischen Qajaren, wie Shirin Ebadi, Bahman Nirumand, Navid Kermani, Katajun Amirpour, Marjane Satrapis etc. immer noch so enthusiastisch über die angebliche Tyrannei des Šâhs dichten und den Mythos „der Šâh war ein brutaler Diktator“ weiter am Leben erhalten. Sie haben den Pahlavis nie verziehen, dass die Pahlavidynastie für die unabdingbare gesellschaftliche Umstrukturierung in Iran, ihre Privilegien und gottgleiche Stellung in der iranischen Gesellschaft beendet hatten und den gestohlenen Grund und Boden den Iranern zurückgegeben hatten.

10 Minuten aus den Feierlichkeiten der Weißen Revolution ein Jahr vor der islamischen Plage von 1979:

6 Gedanken zu „Irans „Weiße Revolution“ – Enqelâbe Šâho Mellat

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  3. Heute ist der 6. Bahman, der Tag der Weißen Revolution:

    Teil 2:

    Xodâyâ in bozorgi va âsâyeš, in farro šokuhe Irâne bozorg râ be Irân bargardân.
    Idun bâd.

  4. Pingback: Die Pahlavi Diktatoren! | Online-Magazin Pârse&Pârse پارسه و پارسه

  5. Vielen Dank für Eure Mühen, als in Deutschland aufgewachsener Iraner habe ich genau so eine Site gesucht!
    Es wird gefragt wieso der Shah so verhaßt war. Für mich ist es sehr wichtig die Gründe zu verstehen. Waren es die Briten, die USA, die kein starkes Iran wollten? Sicherlich mussten wir den Preis für den Fanatismus und Aberglaube der Menschen irgendwann bezahlen.
    Hat Savak wirklich soviel gefoltert? Dazu eine kleine Geschichte: Mein Vater hat einmal sehr feste beim Spielen mit mir, gegen einen Stahlmülleimer getreten. Ich habe mich gewundert wieso er nicht vor Schmerzen schreit, er hat mir gesagt, er hat kein Schmerzempfinden mehr in seinem rechten Bein. Später habe ich herausgefunden, er wurde mit Elektroschoks traktiert, mit Kabeln geschlagen und sein Bein wurde mit glühendem Bügeleisen verbrannt. Was hatte er getan? Mit 16 Jahren hatte er ein Shah kritischen Aufsatz geschrieben, sein Lehrer hat Ihn verraten. Er wurde dann verhaftet.
    Wahrscheinlich ist es die einfachste Lösung: Die Iraner wollten sich vielleicht nicht bevormunden lassen und eine echte Demokratie haben (das dies völlig unrealistisch war wissen wir jetzt).
    Übrigens habe ich heute ein Interview mit dem Sohn vom Shah gesehen, er wünscht sich ebenfalls eine Führung die nicht auf eine Person fixiert ist, sondern das System sei wichtig. Also das was sein Vater erst sehr spät umsetzten wollte. Ich hoffe wir sehen den Tag wo er dies im Iran bewerkstelligen kann. Euch beiden alles Gute!

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