Zarathustra, ein Denker oder ein Prophet? (2)

Zarathustra, ein Denker oder ein Prophet? (1)

Von: Dr. Nurialâ
Übersetzung: ©Fartâb Pârse

Wenn wir Zarathustra allein wegen seiner Gespräche mit Gott oder seiner Rolle als Prophet etwa mit dem Propheten des Islam vergleichen, und wenn wir seine Weltanschauung mit der islamischen Weltanschauung des Propheten Mohammad (die ihre Wurzeln im Israelischen [11] hat) vergleichen, fällt einiges auf:

1- Zarathustra hatte selbst durch die eigenen Gedanken über die Schöpfung und dem Dasein die Existenz Gottes „entdeckt“ (hier wollen wir nicht über die Richtigkeit oder die Unrichtigkeit dessen, was er entdeckt hatte, argumentieren) und danach fing er an „einseitig“ mit diesem Gott zu sprechen. Er schaffte es – in Form von Gebeten und Hymnen – „eine einheitliche und erläuternde Weltanschauung vom Sinn des Seins“ zu schaffen. Obwohl diese Weltanschauung wahrscheinlich nicht mit der wissenschaftlichen Logik des heutigen Menschen übereinstimmen wird, war dennoch seine Weltanschauung vor vier Jahrtausenden „die wissenschaftlichste und logischste“ Theorie über die Schöpfung und den Sinn des Seins. Weil ihr Fundament auf der Basis des Verstandes und der Logik gelegt war, haben viele der Erläuterungen bis heute ihre Gültigkeit behalten.

Der Prophet des Islam hatte aber nur von Göttern und einem Eingott „gehört“, und hegte nicht die Absicht, über sie alle nachzudenken und zu forschen. Allah war ihm so fremd, dass er nach seiner „Begegnung mit dem Erzengel Gabriel“ den Berg Hira herunterstieg, und anstatt sich darüber zu freuen von Gott auserwählt zu sein, begab er sich schweißgebadet und mit Fieber zum Hause Chadidscha, seine Frau, {Xadija} und erzählte ihr, er hätte in der Höhle Hira {Harrâ’} den Engel Gottes gesehen, der Mohammad angesprochen hätte. Mohammad ist kein Entdecker und Forscher über „den Gott Allah“, sondern sein Auserwählter und Botschafter. Zarathustra aber ist der Entdecker des Ahurâ Mazdâ und war verliebt in ihn.

2- Zarathustra hatte von nirgendwo Botschaften erhalten, sondern er richtete sein Wort über seine persönlichen Ergebnisse und Gedanken an Gott, den er für den Schöpfer des Universums hielt. Der Prophet des Islam aber hatte keine eigenen Gedanken. Im Koran wurde in verschieden Situationen darauf insistiert, dass der Prophet kein Wissen über das Himmlische besitze, und nicht in die Zukunft blicken könne und auch persönlich kein Gut und Böse kenne. Der Koran besagt, er (Mohammad) spreche nicht aus „Leidenschaft“ (d. h. persönlichen Interessen und eigener Deduktion), sondern er gebe lediglich nur das, was durch Gabriel ihm zitiert worden wäre, den anderen wieder; er sei nur das Sprachrohr Gottes (all diese Worte gehören dem Herrn, auch wenn sie aus dem Munde Mohammads kamen) {in hame âvâzhâ az šah bovad / garce az holqume Abdollâh bovad} [12].

3- Das wichtigste Prinzip, über das Zarathustra in seinen Gebeten und Hymnen spricht, ist das Prinzip „der Vollkommenheit und Evolution der Welt“ und die Unmöglichkeit der Abweichung von diesem Gesetz. Er nennt das Gesetz „Ašâ“ [13] und glaubt, dass das Wesen seines Gottes und Schöpfers aus demselben Gesetz entstanden ist; deswegen kann dieser Gott nicht gegenteilig handeln. Aber die Welt, die Allah erschaffen hat, ist eine gesetzlose Welt, und nicht nur Allah kann mit seinem Willen alles tun und machen, was er möchte, sondern auch seine „Regenten und Auserwählten auf der Erde“ {ouliyâ’} sind im Stande sich in die Schöpfungsgesetze einzumischen. Der eine spaltet das Meer und verwandelt seinen Stock in eine Riesenschlange [14], der andere teilt mit seinem Finger den Mond in zwei Teile [15], und der nächste befiehlt einem Toten, werde lebendig, und der Tote kommt wieder ins Leben zurück [16]. Diese Handlungen sind das Oxymoron zum Gesetz „Ašâ“, Handlungen, die ein einfacher Mensch nicht bewerkstelligen kann, weil er eben „unfähig“ {âjez} ist, aber wenn die Regenten und Propheten Allahs das tun, wird das als ein „Wunder“ {mo’jeze} bezeichnet. Zarathustra hat nie ein Wunder vollbracht, wichtiger noch, dass nach der Weltanschauung auf der Basis „Ašâ“ grundsätzlich das Geschehen eines Wunders unmöglich ist.

4- Der erste Mythos, der durch die iranischen Muslime erschaffen wurde, ist, dass Zarathustra der erste „Monotheist“ war und genau wie die Propheten der Kinder Israel und ihre arabischen Imitaten an die „Unität“ geglaubt hatte. Meiner Meinung nach wurden solche Erzählungen nur gemacht, um sich bei siegreichen Arabern beliebt zu machen. Ehrlich gesagt, ich wüsste nicht, warum der Eingott-Glaube als ein Wert bezeichnet werden sollte, aufgrund dessen wir Iraner uns nun bemühen müssen zu beweisen, wir wären Jahrhunderte vor dem Islam „Monotheisten“ gewesen. Ich konnte bis heute die Vorstellung von einem „Eingott“, so wie sie in der Region Mesopotamien entwickelt wurde, in keinen Gedanken von Zarathustra finden. Er glaubte an „Ahurâ Mazdâ“ als einen mächtigeren und größeren Schöpfer. Aber diese Vorstellung von dem Gott als Mächtiger hatte nichts Gemeinsames mit der Schöpfung. Die Existenz nach der Weltanschauung von Zarathustra fängt mit dem Beginn einer „mondialen Dialektik“ an. Aufgrund dieser Dialektik erklären einige der Gelehrten Zarathustra zum Anhänger des „Dualismus“ (dualistisches Denken und Handeln). Ahurâ Mazdâ ist so lange Ahriman nicht erschaffen ist, unfähig zu erscheinen; und erst nach dem „Gegenüberstehen“ der beiden wird die ganze Schöpfung auf der Vorstellung, die wir heute als „digital“ (Zahlen Null und Eins, Tag und Nacht…) kennen entschieden und festgesetzt; das ist der „wissenschaftliche“ Gedanke, der in der hegelschen Zeit seinen Gipfel in der Philosophie findet und in unserer Zeit mit Computertechnologie weiter lebt. In den Abrahamschen Religionen existiert die Art Dualismus der Schöpfung nicht; es gibt nur einen totalitären Gott, der die alleinige Herrschaft über die von ihm erschaffene Welt inne hat. Die Idee des Dualismus findet erst in der Religion Islam ihren Platz, als die neumuslimischen Völker, besonders die Iraner das Gedankengut von Zarathustra mit der islamischen Rechtsschule vermischten, um die iranische „Gnosis“ anstatt der islamischen Gottesanschauung zu praktizieren. Achten wir auf den verzweifelten Versuch von Šabestari [17], der sich brüstend sagte: „Die Erscheinung aller Dinge entsteht aus dem „Gegenteil der Dinge“, aber Gott besteht weder aus dem Gegenteil noch der göttlichen Kraft“; er merkte nicht einmal den Widerspruch in seinem eigenen Satz.

5- Das Gedankengut von Zarathustra besagt, dass die Schöpfung eine Bedeutung, einen Sinn, eine Absicht, einen Anfang, ein Ziel und ein Ende hat und der Weg der Schöpfung in diese Richtung auf die gegenüberstehende Dialektik passiert. Aber der Tag der Auferstehung der Toten und der Glaube an das Jüngste Gericht (der eine der fundamentalen Säulen der Religion Islam ist) geht dem Ziel der Schöpfung nach zarathustrischem Glauben nichts an.

Nach dem islamischen Glauben erschafft Gott die Welt und beendet alles jeder Zeit, wann immer er es will. Deswegen finden wir in der islamischen Ideologie „Mahdaviyyat“ [18]. Einige der Glaubensrichtungen und Sekten der Religion Islam haben den zarathustrischen Glauben an den Tag der Auferstehung willkürlich und mit falscher Interpretation übernommen. Nach zarathustrischem Glauben wird das Universum laut des Schöpfungsgesetzes „Ašâ“ unausweichlich ein Ende in sich tragen, so wie der Schöpfer es geplant hat. Währenddessen ist das jüdisch-islamische Mahdaviyat Gedankengut nicht klar und deutlich und ergibt auch keinen Sinn. Z. B. der Mahdi der schiitischen Glaubensrichtung kommt auf die Erde zurück, um „ein für alle Mal“ das Unrecht und die Unterdrückung abzuschaffen, um dann die Gottesgerechtigkeit auf der Erde herzustellen; er wird aber selbst dabei durch die Hand „einer bebarteten Greisin“ getötet, um Märtyrer zu werden. Das „Mahdaviyyat Szenario“ der jüdisch-islamischen Religionen ist meistens ohne einen logischen Aufbau.

6- Nach Zarathustra ist der Mensch – entsprechend seiner Weltanschauung über die Schöpfung des Menschen – ein wunderbares Geschöpf voller Kühnheit, Edelmut und Schönheit. Ahurâ Mazdâ erschuf den Menschen während seines Kampfes gegen Ahriman, um durch den Menschen die Erde zu bebauen und sie in ein Paradies zu verwandeln, und anschließend für die Ewigkeit in diesem Paradies zu verweilen.

Aber der Mensch, der durch Allah erschaffen wurde, ist von Anfang an ein „ungerechtes und unwissendes“ Geschöpf.{zoluman jahulan} [19]. Er ist tyrannisch, dumm, gierig und verfressen, der wiederum ständig von Gott gepeitscht, gefoltert und getadelt werden muss, – in dieser Welt und auch nach der Auferstehung – muss er gefügig gemacht und zurechtgewiesen werden. Der Sinn seiner Erschaffung ist unklar; er hat keinen Einfluss und Willen auf seine Taten; er kann nicht einmal sich bei Gott beschweren, „verehrter Gott, wenn Du alles von Anfang an so gewollt hast, warum denn das ganze Leid und einen Abrechnungstag?“

7- Der Gott von Zarathustra ist der Gott des Wissens und der Vernunft. Er ruft den Menschen ins Leben, haucht die Vernunft in seine Adern, um mit dessen Hilfe und als Freund Gottes die erschaffene Welt zu bebauen. Folglich, ist die Philosophie entstanden aus Zarathustras Gedanken nicht anderes als „die Entdeckung und Eroberung des Universums mit Hilfe der Vernunft“. Heute ist dieses „Gesetz“ unbestreitbar. Der Deutsche Max Weber sagte: „Der Inhalt des Fortschrittes in der menschlichen Geschichte ist nichts anderes als kontinuierlich „rational“ werdende Gedanken und Handeln des Menschen“. Mit anderen Worten, das ständige Wachstum und die Nutzung des Verstandes (oder die zarathustrische Vernunft) wird dazu führen, dass die Verschleierung des Sinnes, der Aberglaube und die Dunkelheit des Verstandes der Vernunft und dem Glauben auf der Basis der wissenschaftlichen Möglichkeiten Platz machen.

Der Gott in den Abrahamschen Religionen hält das Wissen in seinem Wesen für satanisch und verjagt Adam und Eva aus seinem Paradies, denn die beiden haben aus Neugier (aus „Eigenmächtigkeit“ {fozuli}, die wiederum aus „Bildung“ {fazl} und „Intelligenz“ {fâzel} resultiert) von der Frucht des „Wissensbaums“ gegessen. Hört euch nur das Predigen der Frömmler und Priester dieser Religionen an, um zu begreifen, wie tief ihre Verachtung dem Wissen und der Vernunft gegenüber ist; sie versuchen etwas Imaginäres namens „das Innerste“ den Menschen in den Kopf zu setzen, sie reden uns zu, unsere „Augen im Kopf“ zu schließen, damit die „Augen des Innersten“ klarer vor sich sehen können.

Kurz und gut, ich habe so viel geschrieben, um es noch einmal zu wiederholen: die Vorstellung, die wir von einem „Botschafter“ und „Propheten“ haben, unterscheidet sich gänzlich von der von Zarathustra. Keine der Vorstellungen und Lehren überschneiden sich, sie sind überdies in jeder Hinsicht genau das Gegenteil.

Wenn wir Zarathustra als einen Philosophen und gläubigen Denker erforschen, werden wir sogar beurteilen können, dass er eigentlich der erste Philosoph der Welt war, und er hat mehr unreligiöse Denker beeinflusst und inspiriert als Aristoteles und Platon, die wiederum einige seiner Gedanken aufgefasst und vervollständigt hatten.

Die berühmte amerikanische Zarathustra Forscherin Frau Mary Boyce, Gott sei ihrer Seele gnädig, sagte über Zarathustra: „Zarathustra ist der größte Ethiker mit humanistischen Botschaften und wir kennen auf dieser Welt keine Philosophie, Weltanschauung oder gar eine Religion, die nicht alle von diesem soliden Gedankenbaum einen Zweig oder eine Frucht mitgenommen haben“.

Somit finde ich es schade, wenn heute eine Nation auf dem Weg aus der Dunkelheit der Geschichte wieder in die Gruben der Versuchung hineinfällt, den „weitblickenden Zarathustra“ zu einem Propheten ohne Wille und Verstand zu verwandeln, der nur die Rede und befehle seines himmlischen Herrn (alias „Ahurâ“ Mazdâ) wiederholt und befolgt.

Trotz alldem, ist Zarathustra für mich ein Bote, er ist aber nicht die Sorte der Boten, die nur Botschaften aus der himmlischen Welt überbringen. Er ist der Bote der Vernunft und des Verstandes, die tief in uns verwurzelt sind. Er ist das Symbol des Denkenden und Vernunft liebenden Menschen. Er ist der Bote für alle Menschen, die mit Hilfe ihres eigenen Verstandes ihren Weg zur Vollkommenheit suchen und auf diesem Weg werden sie die Erde zu einem Paradies verwandeln.

Anmerkungen von Fartâb Pârse:
[11] Israelisch hat hier mit dem Staaten Israel nicht zu tun, sondern ist das Adjektiv für „Kinder Israel“. Da das Judentum, das Christentum und die Religion Islam alle als Abrahamsche Religionen bezeichnet werden, ist daher der Begriff verständlich.
[12] Gedichtet von Xodâygâne Balxi (Moulânâ)
[13] Ašâ, ašun, ašam, ašâyi: Nach zarathustrischem Glauben erschuf Ahurâ Mazdâ alles auf der Grundlage des natürlichen und gesetzmäßigen Ablaufes der Dinge, und alles geht in die Richtung der Vollkommenheit der Evolution des menschlichen Verstandes. Alles funktioniert nach dem Gesetz der Reinheit, Richtigkeit und des Fortschritts der gesamten Schöpfung. Gott selbst besteht in seinem Wesen aus diesem Gesetz.
[14] Moses
[15] Mohammad
[16] Jesus
[17] Šabestari verstorben um 1320 n. Chr. war ein iranischer Mystiker und Dichter.
[18] Mahdaviyyat ist der Glaube an einen Befreier und Erlöser, der amTag der Auferstehung kommt, um die Ungerechtigkeit und Unterdrückung abzuschaffen. Er ist der versprochene Messias in den Abrahamschen Religionen. Die Schiiten glauben an den zwölften Imam, der diese Aufgabe innehaben wird. Die Sunniten aber glauben an keine bestimmte Person, aber das Erscheinen vom Mahdi ist für sie eine Tatsache.
[19] Sure Al-Ahzâb Nr. 33: Wahrlich, Wir boten das Treuhänderamt den Himmeln und der Erde und den Bergen an; doch sie weigerten sich, es zu tragen, und schreckten davor zurück. Aber der Mensch nahm es auf sich. Wahrlich, er ist sehr ungerecht, unwissend: [33:72]

34 Gedanken zu „Zarathustra, ein Denker oder ein Prophet? (2)

  1. Pingback: Zarathustra, ein Denker oder ein Prophet? (1) | Online-Magazin Pârse&Pârse پارسه و پارسه

  2. Der Autor hat nun klar herausgearbeitet, dass Zarathustra aus sich seine Gedankenwelt für seine/n Gott/Götter geöffnet hat und und durch eigenständiges Denken, sozusagen als Urvater aller Philosophie, den Menschen auf diesen sein/en Gott hin versucht auszurichten. Eine echte Botschaft von seinem Gott/Göttern hat er im Gegensatz zu denPropheten der anderen monothestischen Religionen nicht erhalten. Er musste sich selbst die Mühe und auf den Weg machen, dem Schöpfer von sich aus mental auf die Spur zu kommen.

    Einen Riss im Denken, so meine ich, hat Zarathustra hier allerdings schon gemacht, weil er den Menschen als Ideal gedacht hat. Und das stimmt nicht mit der Realität überein und kann nicht mit ihr übereinstimmen. Vielleicht irre ich mich da. Aber er kommt damit jedoch der Erschaffung des Menschen als „EBenbild“ des Wir (Gottes) nahe. Das Ebenbild ist nur dann Ebenbild, wenn es sich auch „göttlich“, verhält. Und die Charakterisierung des „Göttlichen“ musste außer im Islam in den anderen Monotheismen evolutionär eine geradezu revolutionäre Entwicklung durchmachen., beginnend von der Vorstellung Gottes als tyrannischer Allmächtiger (in dem der Islam noch heute gefangen ist) hin zum Gott der absoluten Liebe.

    Ohne inhaltlich etwas Näheres von Zarathustra erfahren zu haben, außer den Eckdaten seiner Denkweise, kann ich mir vorstellen, dass er diese Entwicklung, für die Juden- und Christentum 2000 Jahre gebraucht haben, irgendwie gedanklich-philosophisch, weniger theologisch, bereits vorweggenommen haben könnte und sich darum in jeder Religion, wie Frau Boyce so schön formulierte, ein Zweig oder eine Frucht seiner Gedankenwelt befindet.

  3. Eine sehr beeindruckende Studie über einen Menschen, dessen Liebe zur Wahrheit und die Suche danach wirklich wegweisend bis in die heutige Zeit wirkt.

    @Bazillus schreibt: ‚Einen Riss im Denken, so meine ich, hat Zarathustra hier allerdings schon gemacht, weil er den Menschen als Ideal gedacht hat. Und das stimmt nicht mit der Realität überein und kann nicht mit ihr übereinstimmen.‘
    Lieber B., ich denke, dass Sie hier irren. Die Beschreibung einen ‚idealen Menschen‘ aus unserer Sicht hat immer den Makel, dass unser Ideal-Maßstab von denjenigen Umständen abgeleitet wird, denen der Maßnehmende bewusst oder unbewusst unterliegt (Ethik, Kultur, Sozialisation, Wertesystem usw.) Daher kann unser Ideal nie ein absolutes [göttliches] sein.
    Und somit können wir das von Z. ‚göttlich‘ gedachte Ideal auch keiner wie immer gearteten Realität gegenüberstellen, die sind wir ehrlich, selbst auch wieder nur subjektiv wahrgenommen werden kann.

    Was mir aber dieser Text und viele andere Beiträge auf dieser Seite aufzeigen, ist, dass ich immer deutlicher erkenne, warum die Perser eine dermaßen hohe Kultur entwickeln konnten. Nur in einer solch offenen, wissbegierigen Gesellschaft gedeihen herausragende Philosophen, deren Erkenntnisse zur ständigen Erweiterung des Horizonts führen.
    Mir wird auch immer bewusster, wie sehr ein solches Volk leiden wird und muss, das unter einem System zu leben gezwungen ist, in dem die Wahrheit durch ein unhinterfragbares und unveränderliches Dogma ersetzt wurde.
    Ich bin davon überzeugt, dass ein oder zwei Generationen freier Perser ihr Land an einen Spitzenplatz unter die Nationen dieser Welt katapultieren.

    • @ Lisa M.,

      ich danke Ihnen und Ihre Worte sind wahr. Die iranische Gesellschaft, egal in in welchem Land der freien Welt gehört zu den erfolgreichsten Mitglieder der Gesellschaft, in der sie ihre zweite Heimat gefunden haben. Können Sie sich vorstellen, dass alleine in den letzten 10 Jahren nur im Bereich des Erdöls und das Knowhow darüber 4000 Iraner das Land verlassen haben, weil es da keine Aufstiegsmöglichkeit und Jobs mehr gibt! Irgendwann kehren die meisten wieder zurück und tun das, was Sie prophezeit haben.

  4. Werte Lisa, ein sehr guter und fundierter Einwand.
    Zu bedenken gebe ich jedoch, dass mit der Realität die „Normalität“ des menschlichen Alltagslebens gemeint ist mit all seinen menschlichen Verwerfungen und Höhen und Tiefen.
    Der Idealzustand ist m. E. ebenfalls durchaus menschlich denkbar auch unabhängig von Kultur und sozialem Ethikstandard. Es ist ein Zustand, der menschlich praktisch kaum erreicht werden kann, der zwar gedacht werden kann, aber so gut wie nie Vollendung im menschlichen Leben erfährt.

    Der Geist der alles durchdringenden Liebe in vielfältigen Facetten kann m. E. in jeder Kultur gedacht, aber kaum gelebt werden, weil wir der irdischen Natur unterworfen sind. Jeder Mensch weiß, was echte Liebe ist, sie kann aber nur unzulänglich aufgearbeitet und gelebt werden, ja sogar nur schwer definiert werden, weil auch Kulturen und Lehren sie daran hindern. Aber bitte, gedacht, ja sogar gefühlt werden kann sie sogar sehr gut.

    Wenn ich den Menschen als Ideal denke, dann denke ich ihn mir als vornehmlich liebenden Menschen, der niemanden ausgrenzt, der es schafft, gut zu anderen zu sein, freundlich anderen jederzeit begegnet, andere so annehmen kann, wie sie sind, Vorbildcharakter zu haben und die Stärke besitzt auch Fehler zuzugeben, wenn er sie denn je begangen hätte. Die ideale Liebe führt jegliches irdische Machtstreben ad absurdum. Hat Zarathustra vielleicht sich selbst beschrieben, weil er ein Idealmensch war, was wir heute wohl nie erfahren werden können.

    Ich weiß, reine Theorie, reines rosarotes Wolkenkuckucksheim. Aber denken kann ich mir einen solchen Menschen schon. Nur wenn ich ihn mir denken kann, muss ich mir bewusst sein, dass es diesen Menschen nicht gibt, nicht geben kann, wenn ich an der Realität messe, darum ja auch der Gedanke an den „Idealmenschen“.

    Die Leistung Z. habe ich versucht, in meinem ersten Statement zu beschreiben im letzten Absatz. Folgen kann ich Ihren Ausführungen, werte Lisa, über die Auswirkungen des Brutalislam auf eine Gesellschaft, die einstmals Zarathustra, der vielleicht zärtlich über den Menschen, die Natur, das Leben aller Lebewesen gedacht hatte, in ihr Herz geschlossen hatte. Vielleicht war kosmische Zärtlichkeit sein Wesen, sein Denken. Das macht ihn zu etwas Besonderem, wenn es so sein sollte. Ja, diese Belagerung ist ein schweres Kreuz in der Hoffnung, dass es endet und eine Gesellschaft in Freiheit danach entstehen kann. Die Frage ist allerdings: Gibt es ein „Danach?“. Was der Islam einmal im Griff hat, wird er nicht freiwillig freigeben.

  5. Das ist ein sehr schöner und bemerkenswerter Artikel, dastet dard nakone. Ich bin grad in der Uni und tippe mit dem Handy, kann also nicht viel schreiben. Obwohl ich allen Punkten hier zustimme, sehe ich in einem Punkt etwas, das mir doch nicht ganz richtig erscheint. Ich finde, dass der dualistische Gedanke eine Art menschliche Vereinfachung für ein weltliches Erklärungsmodell ist, damit wir sie – die Welt – meinen, besser verstehen und somit kontrollieren zu können. Wir wissen aber aus der Wissenschaft selbst, dass die meisten uns dichotom vorkommenden Objekte kontinuierlich sind, das heißt, ihre Veränderungen fließend sind. Ich finde den Gedanken, dass ein Gott alle möglichen Aspekte in seinem Wesen vereint und wir die Gegensätze als solche nur wahrnehmen, weil wir ein – wie hier gesagt wird  – ein binäres System zu Grunde legen, für fast alles, was wir beobachten und erklären wollen, eigentlich ausgereifter. Deshalb ist für mich das dualistische Weltbild tatsächlich nicht das am weitesten Entwickelte, und ich finde es auch und vor allem in semitischen Religionen wieder. 

    Ansonsten gebe ich dem Autor in den meisten Punkten Recht und bedanke mich sehr für deine Übersetzung. Eine sehr wichtige Perspektive ist es allemal. Und ich muss auch nicht denken, dass es die erste monotheistische Religion war, das ist mir völlig egal, da hat er auch Recht. Viel wichtiger ist sein Gedankengut. Deshalb bin ich dafür und kann nachvollziehen, wenn viele ihn lieber als Denker und Philosophen sehen. 

    • Danke Dir mein Schatz, ich sehe auch eher in Zartošt einen großen Denker, der für seine Zeit sehr weit war. Die Sache mit dem Dualismus ist auch wieder was und bei Gelegenheit werde ich darüber berichten, dass die Weltanschauung von Zartošt nur das zugelassen hat; denn es gibt eine Pufferzone zwischen schwarz und weiß, böse und gut, und so weiter. Genau genommen, wie bei Yin und Yang, dazwischen ist eine Linie, die diese beide von einander trennt, und diese Trennung hat Zartošt einfach weggenommen. Darüber erzählt auch Prof. Jamali sehr gut, er ist einer der besten Philosophen in diesem Bereich. Aber, für den Anfang ist dieser Artikel sehr gut, und er zeigt, dass wir die Sache anders in Betrachtung nehmen müssen, nämlich mit anderen Linsen alles betrachtet und nicht das Klischeehafte.

      • Mersi, Fartâbe azizam. Ich denke, es gibt eine Grenze, in der wir etwas als schlecht empfinden und den Schritt vorher noch als gut. Aber diese Grenze ist eher eine Subjektive und hat auch viel mit der eigenen Ideologie oder Weltanschauung zu tun, sie ist also für nicht wissenschaftlich-objektiv erfassbar. Du kannst sagen: Ab 10 Grad ist mir kalt, und ich kann sagen, mir ist erst ab 8 Grad kalt, aber die Temperatur ist immer noch eine Art Absolutskala mit kontinuierlichen und nicht abrupten Werten. Das Selbe kann man übrigens auch über die Empfindung der Zeit sagen.

        Das dichotome Weltbild hat seine guten und seine schlechten Seiten.

        • Jap, wir haben schon mal darüber gesprochen, dass was für mich böse und negativ endet, kann für Dich, der es evtl. mir antust, gut und positiv sein, oder umgekehrt! Alles eine subjektive Sache.

  6. @sherry. Du weißt doch bestimmt, dass die indoarischen und iranoarischen Völker lange Zeit hindurch gemeinsam gelebt haben und so auch logischerweise große Schnittstellen in ihren Religionen besaßen. Nachdem sie sich getrennt haben ( die einen siedelten sich in Iran an, die anderen in Indien), entwickelten sich ihre Religionen, die einen gemeinsamen Ursprung haben, parallel in unterschiedliche Richtungen. Interessant ist nun, dass die Iraner die gesamte Schöpfung konsequent in Gut und Böse zu unterteilten ( die himmlischen, verehrungswürdigen Yazatas sind ausnahmslos mit guten Eigenschaften versehen und alle Plagen wie Hunger, Winter, Durst, Dürre, Sterblichkeit gehen auf das Wirken von bösartigen Daevas unter der Fuehrung von Angra Mainyu zurück), während bei den Indern die Entwicklung zu beobachten ist, dass sie versuchten Gegensätze wie Gut und Böse in ihren Gottheiten und in der schoepfung zu vereinen ( die Göttin Kali z.B symbolisiert sowohl Leben als auch Tod). Was ich auch bemerkenswert finde ist, dass die bei den Iranern so heiligen Wesen, die Ahuras, in der indischen Kultur zu Dämonen zurückgestuft werden und umgekehrt die Daevas ( Devas), welche in der iranischen Religionen die bösartigsten Dämonen sind, in der indischen Religionslehre zu den göttlichen Wesen werden.

        • So zu sagen, ist ein Großteil, der Unterschied ist, dass bei der Lehre des erhabenen Buddha der Mensch leiden muss, um die Erleuchtung zu bekommen, aber bei der Lehre des erhabenen Zarathustra ist vom Leiden kein Wort, sondern die Freude an fast alles, was herrlich und positiv ist. Aber, gut aufgepasst mein Prinz 😉

    • Bahram, vielen Dank für die Info.

      Ich bin dennoch der Meinung, dass eine ganzheitliche Betrachtungsweise die mit den wenigsten Widersprüchen ist. In der Psychologie und in der Medizin beobachten wir immer wieder organische Phänomene, die auf reduktionistischer Beobachtung und Bewertung der Befunde zu keiner echten Kausalklärung führen. Aber wenn man die ganzheitliche Interaktion der verschiedenen Regelsysteme (im organischen, neuronalen oder endokrinologischen Bereich) betrachtet, wird man meistens eine Behandlungsweise finden, die über die reine Symptombehandlung hinaus geht. In der Natur verhält sich das meiste interaktionistisch. Während ein Stoff in einem Fall antagonistisch wirkt, ist es im anderen Fall fördernd für einen Prozess.

  7. Sehe ich nicht so ;-). Ich finde die Geschichte des iranoarischen Volkes und die Entstehung der iranischen Religionen und Kulte immernoch sehr sehr undurchsichtig. Vieles bleibt weiterhin im Dunkeln. Dazu kommt noch, dass die altiranischen Kultur noch derbe unrepraesentiert ist. Es gibt nur eine Handvoll guter Iranisten und dieses Fach ist fast am Aussterben. Fiel mir grad da auf, als ich im Internet vergeblich nach Büchern für die Erlernung der avestisches Sprache und Schrift suchte. Als ich vergleicheshalber nach Büchern über die Sanskritsprache googelte,war auf dem ersten Treffer ein onlinesprachkurs für Sanskrit! Das hat mich tierisch aufgeregt! Das kommt nun mal davon , wenn man eine Scheiß Regierung im Iran hat die nicht iranistische Studien foerdert, dafür aber kufte zahremar.

    • Da gebe ich Dir nâzanin in allen Punkten recht, aber in persischer Sprache findest Du zuhauf Info. Daher mein Rat be to duste gerâmiyam, stärke weiterhin Deine Persischkenntnisse. Aber hier kannst Du auch Texte in Deutsch finden, wenn nicht, dann wenigstens sehr gute Sachen in Persisch:

      http://www.jamali-online.com/
      http://www.jamali.info/index.php

      Ich habe noch nicht vergessen für Dich zu suchen. Ich werde mich aber in Teehaus melden. 🙂

    • Bahrâm jân, gerade habe ich Dir eine E-Mail geschickt, in der Du die gewünschte Sachen hast. Bitte teilen mir mit, ob Du die E-Mail bekommen hast.

    • @Bahram: Es gibt da mit der avestischen Sprache ein spezielles Problem, das mit der schlechten Regierung im Iran eigentlich nichts zu tun hat. Die avestische Sprache, nämlich jene, in der die Avestas in ihrer ursprünglichsten Form einst niedergeschrieben wurden, gab es nur von 1400 v. Chr. bis 400 v. Chr. Selbst die Gelehrten, die diese schließlich in ein Avesta übersetzten, das dann Zend-Avesta genannt wurde, beherrschten das alte avestische nur noch bruchstückhaft, daher sollten auch massive Übersetzungsfehler in den heutigen Avestas, wie auch in Bezug zu allen anderen heutigen großen und bekannten Weltreligionen mit eingerechnet werden, weswegen all diese Schriften, dem Leser eine gesunde Distanz, beim Lesen abverlangen. Wie gesagt, die avestische Sprache war bereits um 400 v. Chr. ausgestorben und das ist mit Sicherheit einer der wesentlichsten Gründe, weswegen man keine Online-Übersetzungslexika diesbezüglich findet. Das alt-Sanskrit jedoch, kam ebenfalls um 1400 o. 1200 v. Chr. auf und entwickelte sich dann über mehrere Jahrhunderte und Jahrtausende hinweg bis zum heutigen Sanskrit weiter. Diese Sprache ist also noch immer sehr, sehr aktuell, vor allem in Gelehrtenkreisen des vorderasiatischen Raums. Deshalb findet mehr diesbezüglich mehr und das auch Online. Doch auch dieses heutige Sanskrit, beziehungsweise die Übersetzungen davon, sollten mit eben solcher Distanz gelesen werden, denn auch das „Neuere“ Sanskrit, hat mittlerweile nur noch bruchstückhaft oder Auszugsweise Ähnlichkeit mit dem „alten“ ursprünglichen Sanskrit. So verhält es sich leider immer mit alten Sprachen die sich über Jahrhunderte und Jahrtausende hinweg erhalten haben, sie verändern sich und entwickeln sich stetig weiter. Siehe „Alt-Hochdeutsch“ und unser heutiges „Hochdeutsch“, die Unterschiede sind universell und dann kommen noch die verschiedensten alten Dialekte dazu und jene Dialekte die sich dann auch heute noch Kreuzen. Das österreichische Deutsch, weist in so manchen Bereichen, komplett andere „Redewendungen“ und sogar „vereinzelte Worte“ auf, die sich ganz stark vom deutschen Deutsch unterscheiden. Sowohl in ihrer „Interpretation“ (Bedeutung) als auch sehr oft in ihrem „Ausdruck“. In Irland, wird ein deutlich anderes „Englisch“ gesprochen, wieder mit etlichen Dialekten verziert je nach Region, als im „vereinigten Königreich Großbritannien“. Und in Schottland wird in einzelnen Regionen noch immer „Gällisch“ gesprochen, das aber wiederum vollkommen anders klingt, als jenes „Gällisch“ das sogar in einigen abgelegenen Regionen „Frankreichs“ gesprochen wird. Und beide gällischen Varianten, die dort heute gesprochen werden, unterscheiden sich wiederum extrem stark von jenem „Gällisch“, das einstige „keltische Stämme“ (also Indogermanische Völker) noch zu Zeiten der römischen Herrschaft in Europa sprachen. So toll und praktisch die Entwicklung von „menschlicher“ Sprache also auch war und heute noch ist, ebenso problematisch war sie schon immer und ist sie noch, wenn es um „alte“ vorchristliche und selbst frühe nachchristliche Texte geht. lg. Evelucas

      • @Eve Lukas; danke für deinen ausführlichen Kommentar. Bist du vielleicht Iranistin vom Fach? ;-). Jetzt verstehe ich auch, wieso die Iraner lange Zeit ihre religiösen Überlieferungen nur mündlich weitergegeben haben; die Verschriftlichung bringt das Problem mit sich dass nachfolgende Generationen die Überlieferungen im Wortlaut verderben; für die Iraner und auch Inder war dies jedoch nicht akzeptabel, denn für sie ist die exakte Rezitation der religiösen Gesänge und Texte sehr wichtig. Aber irgendwann (in der Partherzeit, Sassanidenzeit) wurde für die schon im Aussterben begriffene avestische Sprache eine spezielle Schrift entwickelt um die mündliche. Überlieferungen zu einem Gesamt-Kompendium der Zarathustrismus schriftlich zusammenzufassen (21 Nasks). Und wie du schon geschrieben hast, konnten beherrschten die meisten Priester nicht mehr aktiv die avestische Schrift bzw. Sprache und so ergab sich eine reichhaltige Zand-Literatur, die Kommentare bzw. Interpretationen der ursprünglichen avestischen religiösen Texte enthielt. Ich finde es persönlich schade, dass die altpersische und avestische Sprache nicht mehr aktiv angeeignet werden kann wie Latein und Alt-Griechisch.

          • Liebe Fartàb,
            Ja ich bin auch froh mal wieder etwas Zeit gefunden zu haben um mich hier wieder ein bisschen bei euch einlesen und schreiben zu können. Vielen Dank für den Link, werd da dann mal gleich neugierig rein lesen. Lg. Evelucas

        • Hallo Bahram, schön deine schriftliche Bekanntschaft zu machen 😉
          Oh Nein, ich bin keine Iranistin vom Fach. Ich habe nichts dergleichen studiert. Was immer ich hier so von mir gebe, basiert auf „purem, persönlichstem Interesse“, Wissen das sich anhand meines innigen Interesses über viele Jahre hinweg in meinem kleinen Hirn angesammelt hat. Ich habe selbst eine
          philosophische Abhandlung verfasst, in der ich viel „auch bibelgeschichtliches“ recherchieren musste und bei der Gelegenheit auch nicht an den unterschiedlichen Sprachen vorbei kam in Verbindung mit der Zeit in der diese gesprochen oder dann eben auch nicht mehr gesprochen wurden. Und ja stimmt, es war sehr wichtig für die Iraner die exakte Rezitation ihrer Gesänge, Gedichte und Hymnen zu erhalten. Immerhin war Dichtkunst und Gesang, speziell für ihre spirituell Gelehrten eine der wichtigsten Voraussetzungen, auch da sie sich diese, dadurch einfach leichter zu merken vermochten. Und tatsächlich sind viele Überlieferungen äusserst Lückenhaft und noch vollkommen undurchschaubar. Auch ihre zeitliche Anordnung ist extrem schwer zu eruieren. Vieles ist aus dieser Zeit verloren gegangen, leider. Da waren zuerst die Griechen, dann die Römer, die Sassaniden die ihr „angeblich“ archämenidisches Kulturerbe auch nur noch auf den avestischen Texten aufbauen konnten usw. Der Iran, heute wie damals, war stets stark umkämpft und im Sumpf all dieser kriegerischen Auseinandersetzungen mit alten und neuen Kulturen, sowie Völkern, war es immer schon das „Wissen“- vor allem jedes „schriftlich“ verankerte Wissen (das ja Teils auch noch auf Tierhäute geschrieben wurde)- das daran stetig zu leiden hatte. Und die mündlichen Überlieferungen verrennen sich dann wiederum oftmals im Irrgarten klassischer „stiller Post“ Berichte aus dieser Zeit. Innerhalb diesem Labyrinth mündlicher als auch schriftlicher Überlieferungen in den verschiedensten Sprachen wird es also immer äusserst schwer, die Wahrheit oder zumindest den annähernd ursprünglichsten, menschlichen Gedanken dahinter zu finden, der diese Geschichte auslöste. Und somit wird wohl auch das Rätsel rund herum, immer schwer zu entschlüsseln sein. Lg. Evelucas

  8. Ich würde gerne einige (leider nicht ganz) kurze Einwände aus meiner (christlichen) Perspektive machen:

    1.
    Unter Punkt-7 „Der Gott in den Abrahamschen Religionen hält das Wissen in seinem Wesen für satanisch.“ Diese These stützt sich vermutlich auf 1. Mose 3,22:
    „Und Gott der HERR sprach: Siehe, der Mensch ist geworden wie unsereiner und weiß, was gut und böse ist. Nun aber, dass er nur nicht ausstrecke seine Hand und breche auch von dem Baum des Lebens und esse und lebe ewiglich!“

    Die Problematik dabei war, denen, die sich für das Böse entschieden hatten, den Rahmen abzustecken:
    1. Eine sofortige Vernichtung widerspräche dem Prinzip des freiwillen Gehorsams (aus Einsicht und Liebe), das Gott will.
    2. Mit ewigem Zugang zum Baum des Lebens würde das böse unbegrenzt wuchern.
    3. Die natürlicher weise bösen Folgen von bösen Taten sollten erkennbar werden.
    4. Auch der anfangs noch harmlos aussehende böse Keim des Ungehorsams musste entlarvt werden.

    Nur extremisische Religionen wollen die Menschen dumm und niedrig halten.
    Die Bibel sagt: Nachdenken ist etwas feines und angenehmes (Psam 119, 143-148):
    „ich habe aber Lust an deinen Geboten. … Ich wache auf, wenn’s noch Nacht ist, zu sinnen über dein Wort.“

    Und im Christentum vielleicht noch mehr (Joh. 15,15): „Ich sage hinfort nicht, daß ihr Knechte seid; denn ein Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Euch aber habe ich gesagt, daß ihr Freunde seid; denn alles, was ich habe von meinem Vater gehört, habe ich euch kundgetan.“

    2.
    nach Punkt 3 ist dieser Schöpfer selbst ein Wesen, welches ’nur‘ infolge eines übergeordneten Prinzips, „Vollkommenheit und Evolution der Welt“ „entstanden ist“.
    nach Punkt 5 hat dieser Schöpfer bei seinen Werken ein „unausweichliches Ende in sich“ mit eingeplant, dieses ist ein bedeutungsvolles Ziel und das macht Sinn.
    Hier frage ich mich:
    A) wie kann ein ‚Entstehungsprodukt‘ zum Akteur werden und Sinn stiften; sowie
    B) wem gebührt dann unser Dank? Ist es ein „Rahmen der Gott übergeordneten Logik“ oder so etwas ähnliches, welcher es sich gefallen ließ, alles in Gang zu setzen? Danke Logik, dass dir Gott entsprang?
    Ich persönlich würde da lieber etwas früher aufhören nachzudenken.
    Die Wissenschaft kann auch nicht erklären, warum es zum Urknall kam.

    3.
    Welches ist das „sinnvolle Ziel“, in Punkt 5 relativ knapp mit „gegenüberstehender Dialektik“ umrissen. Dort angelangt, geht dann alles so weiter, nur inventiert (Endlosschleife, Sinn?).

    4.
    Nach Punkt 4 gäbe es „in den Abrahamschen Religionen … nur einen totalitären Gott, der die alleinige Herrschaft über die von ihm erschaffene Welt inne hat.“
    Dies ist nun auch wieder nur bei extremistischen Richtungen so.
    Im Christentum und Judentum ist es nicht ein totalitärer Gott, sondern ein liebevoller Gott, ja noch besser: Nicht EIN Gott, sondern einer, der DEIN Gott und MEIN Gott sein will. Er hätte zwar die Macht, alles totalitär zu bestimmen, lässt uns Menschen aber die Freiheit uns gegen ihn zu entscheiden.
    Er ist größer und stärker als der Teufel und viel mehr als dessen Gegenteil.
    Er ist auch mehr, als wir mit unserer Philosophie ergründen können.
    Er stellt sich bei all seiner Größe nicht über unsere Logik, um im nächsten Schritt die unseren Erkenntnisse nach Belieben platt walzen zu dürfen, sondern er spricht zu uns, hört uns und versteht uns!

    5.
    Zu Punkt 6: Die menschliche Vernunft allein wird nicht die Erlösung der Menschheit bewirken.
    Dazu trägt auch der vernunftbegabte Mensch als solches viel zu viel Böses (z. B. Egoismus) in sich.
    Z. B. ist die Erde aus ökologischer Sicht noch nie so systematisch zerstört worden, wie jetzt, mithilfe von Wissenschaft und Technik.
    Wie im Islam ist auch in der Bibel der Mensch von natur aus Böse, aber er bedarf nicht der Strafe, sondern der Erlösung.

    6.
    Zu Punkt 7 (der Mensch als „Freund Gottes“) stimme ich natürlich zu, führe allerdings fort, dass die Mehrheit der Menschen niemals „Freund Gottes“ sein will. Und die stete Zunahme des Menschheitswissens wird auch nicht der Menschheit insgesamt zugute kommen, sondern bestenfalls den Eliten und den Geschäftemachern. Die Mehrheit wird abgehangen. Auch in der freien Welt. Nicht zuletzt stecken wir hier in einer Tretmühle, die dem normalen Mainstreamer keine Zeit für einen reflektierten Gedanken läßt. Erstens verpasste man etwas (anderes ‚Angesagtes‘), zweitens würde man zum Außenseiter.

    7.
    Ist die zeitliche Einordnung mit 6600 – 7129 vor Chr. wirklich richtig?
    Im deutschen Wiki sind 3 Meinungen (um 1800 vor Chr., um 1000 vor Chr., um 600 vor Chr.) angegeben.

    Nun aber trotzdem vielen Dank an Author und Übersetzerin!
    Sie haben – auch bei aller Kritik – (auch für mich) bedeutendes geschaffen.
    Zarathustra war ganz sicher ein Meilenstein Menschlichen Denkens überhaupt.
    Ihn so erläutert zu bekommen – für mich ein großer Gewinn.

    Vermutlich erklärt sich einiges allein schon dadurch, dass dieses Werk primär wohl nicht für christliche oder jüdische Leser verfasst wurde, sondern für islamische.

    Die Liebe zur Weisheit geht mit der Liebe zur Wahrheit Hand in Hand.
    Und wenn Mohamed sagt, ein Muslim darf lügen, dann kann man ja schon ahnen, was man bekommt.

    • Ich danke Ihnen für Ihre Feedback. Nur Sie haben den Wikidoof zitiert. Ich verwende nie in solchen Sachen den Wiki! Sondern, wie Sie bestimmt in der Anmerkung beim Punkt 1 gelesen haben, habe ich die beste und glaubwürdigste Quelle, die bis heute gilt erwähnt. Dann noch ein Punkt, und zwar, der Gott in Thora Yehovah/Yahwe ist ein sehr sehr brutaler Gott und der Gott im neuen Testament ist anders, weil der Herr Jesus sehr viel dran gearbeitet hat, um den Menschen beizubringen, dass der Gott nicht so brutal ist und alle seine Geschöpfe liebt.

      Mit Licht und Liebe.

  9. Fartab-Jan! Ja, ich habe deine email mit den Anhaengen bekommen.Tausend Dank! Du kannst dir gar nicht vorstellen wie glücklich ich gerade bin. Wenn ich für dich was tun kann, sag es nur 🙂

    • Die Freude, die Du in diesem Augenblick fühlst, ist für mich das schönste Geschenk des Gottes. Ich freu mich so sehr für Dich und bin auch sehr sehr glücklich Dir Deinen Wunsch erfüllt zu haben. Was Du tun kannst, ist die persische Sprache weiter zu lernen und Deine gesammelte Wissen mit uns hier zu teilen. Das ist es.

      Be yâriye Ahurâ Mazdâ, por tavân va sarboland bâši.

  10. Pingback: Musikvideos, die den Islam entlarven – Beispiel Iran | Zukunftskinder 2.0

  11. Pingback: Mein Weltbild von Zarathustra | Online-Magazin Pârse&Pârse پارسه و پارسه

Hinterlasse einen Kommentar